Träume von der absoluten Mehrheit – Die Inszenierung des CSU-Parteitages

Nürnberg – Wer geglaubt hat, in der CSU gibt es Werte wie Ehrlichkeit, Gradlinigkeit oder gar Kameradschaft, der wurde auf dem Parteitag der Christsozialen am 15./16. Dezember 2017 in der Nürnberger Messehalle schwer enttäuscht. Es wurde eine politische Inszenierung, wie es sie in der Parteienlandschaft Deutschlands bisher kaum gegeben hat. Dies haben wohl viele der rund 1050 CSU-Delegierten im Vorfeld des Parteitages bereits geahnt. 240 (!) CSU-Delegierte waren wahrscheinlich deshalb erst gar nicht nach Nürnberg gekommen.

Ministerpäsident Horst Seehofer Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel

Bei der Wahl zum CSU-Parteivorsitzenden stimmten folglich nur 810 Delegierte ab. Auf den neuen und alten CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer entfielen demnach 664 Stimmern, was 83,7 Prozent der Delegierten bedeutet. Ein durchaus respektables Ergebnis.
Der CSU-Parteitag hat aber endgültig die Vorherrschaft der fränkischen Bezirksverbände zu Lasten des einst mächtigsten oberbayerischen CSU-Verbandes einzementiert. Die CSU in Oberbayern spielt nun unter der Führung ihrer farblosen und politisch ständig überforderten Vorsitzenden Ilse Aigner endgültig keine Rolle mehr. Als bei der Wahl zum CSU-Parteivorsitzenden unter Wahlleiter Innenminister Joachim Herrmann bekannt wurde, dass eine (!) Stimme von 810 abgegebenen Stimmen auf Ilse Aigner entfiele, gab es im Plenum schallendes Gelächter der fränkischen CSU-Delegierten in Richtung der oberbayerischen CSU-Bezirksvorsitzenden.
Mit Dorothee Bär und Melanie Huml wurden zudem zwei weitere fränkische CSU-Mitglieder zu neuen stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
Die Protestanten um den derzeit neuen CSU-Spitzenkandidaten Dr.Markus Söder haben die Oberbayern-Chefin Ilse Aigner politisch komplett entmachtet. Fairerweise muß festgestellt werden, dass die CSU in Franken derzeit das weitaus bessere Personal stellt. Der Nürnberger CSU-Bezirksvorsitzende Dr.Markus Söder, der mit der Tochter eines gesellschaftlich angesehenen Nürnberger Bauunternehmers verheiratet ist, hat es damit in offener Abstimmung geschafft, die große Mehrzahl der Parteitagsdelegierten hinter sich zu scharren. Er gilt nun endgültig als Gewinner in der bayerischen CSU, während für Ilse Aigner der Zug abgefahren ist.
Wie geschlossen die bayerische CSU momentan wirklich ist, wird die CSU-Doppelspitze Seehofer und Söder nun zeigen müssen. Der Kampf Oberbayern gegen Franken dürfte jedoch innerhalb und außerhalb der CSU mit diesem Parteitag weiter an Schärfe gewinnen. Die Spaltung der CSU ist mit diesem Parteitag noch lange nicht überwunden.

Georg Pfister gehört zu der von der Spitze gefürchteten CSU-Basis. Der erfolgreiche Breitengüßbacher Bauunternehmer und Hubschrauberpilot setzt sich stets massiv für die Interessen des Mittelstandes ein. Den Bamberger CSU-Bundestagsabgeordneten Thomas Silberhorn will Georg Pfister jetzt nicht mehr unterstützen.

Der langjährige CSU-Parteitagsdelegierte Georg Pfister aus dem erzkatholischen Bamberg jedenfalls war stocksauer: „Es ist eine Unverschämtheit, dass ich auf diesem CSU-Parteitag nichts sagen darf ! Ich bereue es, dass ich unseren CSU-Bundestagsabgeordneten Thomas Silberhorn jahrelang unterstützt habe“, sagte Georg Pfister vor Pressevertretern am Rande des CSU-Parteitages. Der erfolgreiche Breitengüßbacher Bauunternehmer gilt als leidenschaftlicher Vertreter mittelständischer Interessen und hat mit seinen praxisnahen Wortbeiträgen stets den CSU-Parteitag bereichert. Georg Pfister gilt ohne wenn und aber als Vertreter der gefürchteten CSU-Basis. Diesmal durfte er keinen Wortbeitrag leisten, um nicht die Wahl der Bamberger Gesundheitsministerin Melanie Huml zur stellvertretenden CSU-Parteivorsitzenden zu gefährden.
Wer sich unter den CSU-Landtagsabgeordneten umhörte, der konnte sehr schnell feststellen, dass die Parlamentarier jetzt wieder von der Verteidigung der absoluten Mehrheit bei der Landtagswahl 2018 ausgehen.
„ Mit dem Markus Söder schaffen wir wieder die Prozentzahlen wie unter Franz Josef Strauß. Ich bin absoluter Söderianer. Ich bin ein großer Fan von ihm!“, so ein führender CSU-Kommunalpolitiker aus dem südostbayerischen Raum zu Chiemseepost-Herausgeber Klaus Kirchleitner.

Dieser mutige CSU-Delegierte hielt ein Transparent gegen Bundeskanzlerin Dr.Angela Merkel hoch. Von der großen Mehrzahl der CSU-Delegierten bekam Dr.Angela Merkel jedoch viel Applaus.

Als Bundeskanzlerin Dr.Angela Merkel in einer professionellen Rede zu den CSU-Delegierten sprach, hielt ein Delegierter aus dem Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ein Transparent mit der Aufschrift „ 32,9 % Sie haben es geschafft!“ hoch. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Landkreis Neuburg-Schrobenhausen der Stimmkreis des amtierenden Ministerpräsidenten Horst Seehofer ist. Es ist kaum zu glauben, dass der hochintelligente und stets bestens informierte Ingolstädter Horst Seehofer von diesem Transparent gegen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel nichts gewusst hat.
Der deutschen Bundeskanzlerin war es jedoch egal, wird sie doch ihren Weg aus der bayerischen CSU einen Landesverband der CDU Deutschlands zu machen, weiter konsequent fortsetzen. Aber auch große Teile der CSU wollen sich vermehrt in Richtung CDU öffnen. In Zukunft, so beschloß der CSU-Parteitag in Nürnberg, können CDU-Mitglieder gleichzeitig auch vollwertige Mitglieder der CSU in Bayern werden. Dies kann ohne wenn und aber als ein Signal zur Übernahme der CSU durch die weitaus mächtigere CDU Deutschlands gesehen werden. Dann werden Karrieristen wie beispielsweise der CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek aus Bad Wörishofen sehr schnell zur CDU wechseln. Klaus Holetschek, so heißt es hinter den CSU-Kulissen, hat sich in Schwaben frühzeitig gegen den Ministerpräsidenten und CSU-Chef Horst Seehofer positioniert. Dafür erwartet Klaus Holetschek jetzt mindestens einen Posten als Staatssekretär in der Regierung. Problematisch für die CSU in Bayern sind vor allem die vielen Machtkämpfe in den Kreisverbänden wie beispielsweise in Bamberg und Altötting. Dort hört die CSU-Landtagsabgeordnete Ingrid Heckner , die während ihrer Zeit im Bayerischen Landtag keine nennenswerten politischen Erfolge erzielt hat, auf.

Rund 350 Bürger demonstrierten vor dem CSU-Parteitag gegen die Straßenausbaubeitragssatzung.

Nachfolger will jetzt unter anderem der Seehofer-Vertraute Dr. Martin Huber werden. Der Töginger Historiker war bislang CSU-Listenbewerber für die Landkreise Altötting u. Mühldorf/Inn und hat in der CSU-Landesleitung einst sehr erfolgreich das Büro von Ministerpräsident Horst Seehofer geleitet.
Wer sich in Altöttinger CSU-Kreisen umhört, der kann jedoch sehr schnell erfahren, dass es neben Dr. Martin Huber weitere Bewerber um das als relativ sicher geltende CSU-Direktmandat geben wird. Mit massiven Widerstand während des Landtagswahlkampfes 2018 muß auch der Traunsteiner CSU-Landtagsabgeordnete Klaus Steiner rechnen. Große Teile der CSU-Ortsverbände Traunreut, Fridolfing, Ruhpolding, Obing und Trostberg verweigern mittlerweile dem profillosen CSU-Landtagsabgeordneten die Gefolgschaft. Klaus Steiner, der neuerdings statt im Trachtenanzug im Massaigewand auftritt, wurde einst vom sogenannten CSU-Vordenker Alois Glück entdeckt. Jetzt, da die Probleme Bayerns und Deutschlands immer mehr werden, ist vom selbsternannten CSU-Vordenker Alois Glück glücklicherweise nicht mehr viel zu sehen. Auf Drängen des blutjungen Traunsteiner Landrates Siegfried Walch, musste CSU-MdL Klaus Steiner, der nicht gerade als überragendes charismatisches Redetalent gilt, bereits den Vorsitz des CSU-Kreisverbandes Traunstein abgeben. CSU-Chef Horst Seehofer fasste einst die Kompetenz Steiners mit dem berühmten Satz „Klaus Steiner ist der beste Schnapsbrenner im Bayerischen Landtag“ zusammen.
Hätte Klaus Steiner den CSU-Kreisvorsitz nicht abgegeben, hätte der noch amtierende CSU-Landtagsabgeordnete aus Übersee am Chiemsee nicht mehr für die CSU zum Bayerischen Landtag kandidieren können. Da es im Traunsteiner CSU-Kreisverband nach wie vor sehr viele Vorbehalte gegen Klaus Steiner gibt, rechnen einige CSU´ler sogar mit dem Verlust des Direktmandates.

Sie ist Sozialpolitikerin aus Leidenschaft und gilt als enge Vertraute des amtierenden Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer. Die Würzburger Landtagspräsidentin Barbara Stamm kandidiert im Oktober 2018 wahrscheinlich nicht mehr für den Bayerischen Landtag.

Der ehemalige CSU-Wirtschaftsminister Erwin Huber aus Niederbayern kandidiert 2018 endgültig nicht mehr für den Bayerischen Landtag. Er und Ex-Ministerpräsident Dr.Edmund Stoiber diskutierten auf dem Nürnberger CSU-Parteitag jedoch nach wie vor leidenschaftlich mit den CSU-Delegierten. Überhaupt nicht mehr zum Parteitag gekommen waren die in der bayerischen Bevölkerung sehr angesehenen konservativen CSU-Politiker Dr. Peter Gauweiler und Dr. Hans – Peter Uhl sowie Ex-Bayernkurierchefredakteur Wilfried Scharnagl.

Großen Applaus gab es beim Parteitag für die profilierte CSU-Politikerin Barbara Stamm. Die derzeitige Landtagspräsidentin ist in der CSU sehr beliebt und gilt als leidenschaftliche Sozialpolitikerin. Im nächsten Jahr wird sie wahrscheinlich nicht mehr für den Bayerischen Landtag kandidieren. Nachfolgerin als Landtagspräsidentin soll dann die CSU-Wirtschaftsministerin Ilse Aigner werden. Doch die Tatsache, daß dies eine politische Endstation wäre, hat sogar die von Horst Seehofer gerne als „kluge Ilse“ verspottete oberbayerische CSU-Vorsitzende begriffen.