Wien/Hofburg – Der Wahlsieg von Volksparteichef Sebastian Kurz bei der Österreich-Wahl am 29. September 2019 kam eigentlich wenig überraschend. Auch die enormen Zugewinne der Grünen und der brutale Absturz der FPÖ und der SPÖ wurden seit Monaten stets prognostiziert und waren für Politik-Insider kein Geheimnis mehr. Wer sich am Wahlsonntag in den traditionellen Kaffeehäusern der Wiener Innenstadt umhörte, der konnte von den Bürgern beispielsweise sehr schnell erfahren, dass die sogenannte Spesen-Affäre den Freiheitlichen enorm schaden würde. Und genau so kam es auch. Mit einem satten Minus von 10 Prozentpunkten im Vergleich zur Nationalratswahl 2017 verloren die Blauen rund 21 Mandate und landeten mit 16,2 Prozent deutlich unter der 20 Prozent-Marke.
Angesichts der vielen Skandale und der Übermacht der roten Presse (den ORF bezeichnen FPÖ-Funktionäre stets als Rotfunk) ist das Wahlergebnis für die Freiheitlichen als durchaus respektabel zu sehen. Auch die enormen Zugewinne der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) auf 37,5 Prozent waren von Politikexperten im Prinzip so erwartet worden. Sebastian Kurz, der mit seinen 32 Jahren aussieht wie ein Chorknabe der Regensburger Domspatzen, ist in Wahrheit ein mit allen Wassern gewaschener politischer Vollprofi. Bewußt hat er in der Migrationspolitik die FPÖ mit konservativen, glaubwürdigen ÖVP-Nationalratskandidaten in die Enge getrieben und den Freiheitlichen Stück für Stück ihr Hauptthema genommen. Auch gab es zumindestens offiziell keine homosexuellen ÖVP-Nationalratskandidaten. Hinzu kamen hausgemachte Wahlkampffehler der FPÖ. „Schwarz – Grün gefährdet Deine Zukunft “ hieß es auf den FPÖ-Großflächenplakaten in ganz Österreich. Jeder politische Werbeprofi weiß, dass man den politischen Gegner auf den eigenen Plakaten grundsätzlich nicht erwähnt. Äußerst unbeliebt an der FPÖ-Basis ist zudem Straches Ehefrau Philippa. Sie hat den ehemaligen FPÖ-Chef öffentlich „ als mein kleines Monster “bezeichnet. Solche Formulierungen sind nicht sonderlich klug und schaden im Wahlkampf.
Wer sich am Wahlabend auf der Prateralm bei der FPÖ-Basis umhörte, der merkt sehr schnell die Abneigung gegen das ehemalige Fotomodell, das für ihre politischen Aufgaben bei der FPÖ angeblich viel Geld kassierte. Beliebt an der FPÖ-Basis ist hingegen immer noch der ehemalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache , der als glänzender Rhetoriker gilt und Ende des Jahres angeblich in Wien eine neue Partei gründen will.
Kritisiert an Philippa Strache wird ähnlich wie bei der SPÖ-Bundesvorsitzenden Pamela Rendi-Wagner die relativ kurze Parteimitgliedschaft. Beide Frauen sind politische Seiteneinsteigerinnen , die zwar immer wieder von den Parteispitzen gewünscht werden, jedoch im harten politischen Tagesgeschäft oftmals scheitern. Philippa Strache wird zudem an der FPÖ-Basis als Karrierefrau gesehen. Neid und Missgunst spielen hierbei natürlich auch eine Rolle.
Die Zukunft dürfte in der FPÖ aber ohnehin dem ehemaligen Innenminister Österreichs Herbert Kickl gehören. Viele wollen, dass der erzkonservative politische Vollprofi, an dem auch CSU-Urgestein Franz Josef Strauß seine Freude gehabt hätte, möglichst rasch neuer FPÖ-Bundesvorsitzender wird.
Einer Doppelspitze mit Norbert Hofer als FPÖ-Parteichef und Herbert Kickl als Klubobmann im Österreichischen Nationalrat wird von österreichischen Politikexperten dauerhaft keine allzu große Zukunft gegeben. Ähnlich wie beim ehemaligen CSU-Tandem Dr. Theo Waigel und Dr. Edmund Stoiber werden bei einer FPÖ-Tandemlösung allzu viele Abstimmungsprobleme befürchtet.
Ein Hü und Hott kann die FPÖ nach dem erneuten Wahldebakel bei der Vorarlberger Landtagswahl am 13. Oktober 2019 ohnehin nicht gebrauchen. Politisches Gesprächsthema am Wahlabend in der Wiener Hofburg war unter anderem das politisch angespannte Verhältnis zwischen dem Freistaat Bayern und der Republik Österreich.
Hierzu sagte der ehemalige Tiroler EU-Kommissar Josef Fischler zu Chiemseepost-Herausgeber Klaus Kirchleitner : „ politische Spannungen zwischen Bayern und Tirol hat es immer gegeben und wird es immer geben.“ Sonderbar war am Wahlabend in der Wiener Hofburg unter anderem die Tatsache, dass die Nationalratswahlen 2019 von einer internationalen Delegation aus Thailand beobachtet wurden.