Wien/Hofburg – „Es war mit Sicherheit kein philosophischer Abend.“ Der ehemalige FPÖ-Chef und Vizekanzler der Republik Österreich, Heinz-Christian Strache , zeigte sich vor dem Untersuchungsausschuss zur Ibiza-Affäre in der Wiener Hofburg ungewohnt selbstkritisch. Über drei Stunden lang wurde der rhetorisch überaus talentierte Vollblutpolitiker jetzt in der Wiener Hofburg von den Abgeordneten des Ibiza-Untersuchungsausschusses befragt.
Dabei zeigte sich Heinz-Christian Strache, der am 11. Oktober dieses Jahres mit seinem neugegründeten „Team Strache“ Wiener Bürgermeister werden will, sehr wortkarg. Heinz-Christian Strache, der als großer Verehrer von CSU-Urgestein Franz Josef Strauß gilt, verwies unter anderem darauf, dass er endlich „das gesamte Video“ sehen möchte. Vieles hätten er und sein Anwalt erst aus der Presse erfahren. Auch die Mitglieder des Untersuchungsausschusses konnten das gesamte Ibiza-Video sonderbarerweise immer noch nicht sehen. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, warum gleich zu Beginn des U-Ausschusses die Hauptdarsteller des Ibiza-Videos Heinz-Christian Strache und der ehemalige Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus geladen wurden. Den Abgeordneten fehlten Informationen, die sie durch weitere Zeugen erhalten werden. Dabei wird es sicherlich darauf ankommen, ob es der SPÖ gelingt, die finanziellen Hintermänner des sehr teueren Ibiza-Videos auszuleuchten. Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass sowohl Heinz –Christian Strache als auch Johann Gudenus im Laufe der nächsten Wochen weitere Einladungen zum Ibiza- Ausschuss erhalten werden. Heinz – Christian Strache hat vor den Abgeordneten des Untersuchungsausschusses immer wieder betont, dass auch er ein Recht auf ein faires Verfahren habe. Das Ibiza-Video hatte in Österreich im letzten Jahr zu einer schweren Regierungskrise geführt. Letztendlich kam es zum Bruch der schwarz-blauen Regierungskoalition in Wien. Vor allem die politische Opposition will jetzt den Untersuchungsausschuss nutzen, um aufzuzeigen, wie käuflich die FPÖ-ÖVP-
Bundesregierung angeblich gewesen sein soll.
Mit Spannung wird deshalb der Auftritt des erfolgreichen österreichischen ÖVP-Bundeskanzlers Sebastian Kurz vor dem Untersuchungsausschuss erwartet. Spätestens dann wird sich zeigen, inwieweit die Ergebnisse des Ibiza-Untersuchungsausschuses die Wiener Landtags-und Gemeinderatswahlen am 11. Oktober 2020 beeinflussen werden. Da in Österreich praktisch alle politischen Entscheidungen in Wien fallen, wird den Wahlen am 11.Oktober 2020 eine ganz besondere Bedeutung zugerechnet. Nach den jüngsten Prognosen kann der sympathische österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz und seine ÖVP mit starken Zugewinnen rechnen.
Stark in der Wählergunst verlieren dürfte dagegen die FPÖ, die einst in Wien mit ihrem Chef Heinz-Christian Strache starke 30,8 Prozent errang. Inwieweit es Heinz-Christian Strache gelingen wird, seine einstigen FPÖ-Wähler zur Wahl des „Team Straches“ zu bewegen, bleibt abzuwarten. Die 5 Prozent–Klausel dürfte Heinz-Christian Strache jedoch auf alle Fälle überspringen. Wiener Bürgermeister jedoch dürfte realistischerweise der in der Bevölkerung sehr beliebte SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig bleiben.